Jüdische Gemeinde Frankenau

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Die Jüdische Gemeinde Frankenau in Frankenau im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg bestand vom 17. Jahrhundert bis 1938/39.

Gemeindeentwicklung bis 1933[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jüdische Einwohner sind in der kleinen Stadt erstmals im Jahre 1659 belegt, als der „Schutzjude“ Moses (bzw. Moyses, Moises) mit zwei Familienangehörigen bekundet ist. Erst 1671 verzeichnen die Judenspezifikationen des Amts Frankenberg dann eine zweite jüdische Familie am Ort. Im 18. Jahrhundert begann ein allmähliches Wachstum, und 1785 werden sieben „Schutzjuden“ (meist mit Familien) genannt. Im 19. und 20. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt:

Jahr Einwohner,
gesamt
Jüdische
Einwohner
Anteil
in Prozent
1827 920 22 2,4 %
1837 34 … %
1861 1.065 40 3,8 %
1871 1.002 61 6,1 %
1885 995 54 5,4 %
1895 941 52 5,5 %
1905 980 70 7,1 %
1924 1.071 49 4,5 %
1933 1.148 65 5,7 %

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts lebten die meisten Familien vom Viehhandel oder vom Hausierhandel mit Ellenwaren oder Spezereien. Danach besserten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse, und mehrere Läden konnten eröffnet werden, die bei der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt von Bedeutung waren.

Ende der Gemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1933 nahm die Zahl der jüdischen Einwohner durch Ab- und Auswanderung schnell ab. 27 Personen emigrierten in die USA, drei Personen 1936 nach Palästina/Israel. 28 Personen verzogen innerhalb Deutschlands, davon 15 nach Frankfurt. Die letzte Familie meldete sich am 28. März 1939 aus Frankenau ab.

Gemeindeeinrichtungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Oberhessen mit Sitz in Marburg. Sie hatte eine Synagoge, eine eigene Schule („Klaus“), ein rituelles Bad („Mikwe“) und einen eigenen Friedhof.

Schule[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die jüdische Schule war zunächst lediglich Religionsschule. Von 1874 bis 1898 war sie eine Israelitische Elementarschule, ab 1902 private israelitische Schule, und von 1907 bis etwa 1924 wieder Israelitische Elementarschule. Die Zahl der Schüler betrug 24 im Jahre 1874, fiel danach aber auf nur noch 10 im Jahre 1886 und 7 im Jahre 1893. 1907 waren es dann wieder 20 Kinder, die die Israelitische Elementarschule besuchten. Im Schuljahr 1931/32 erhielten dann nur noch drei schulpflichtige Kinder jüdischen Religionsunterricht im Ort. Ein jüdischer Lehrer war zeitweise angestellt; er diente gleichzeitig als Vorbeter und Schochet.

Synagoge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Stadtbrand im April 1865 zerstörte auch die bisher bestehende Synagoge bzw. den Betraum. Noch im selben veranstaltete die jüdische Gemeinde eine Kollekte zum Bau oder zur Einrichtung einer neuen Synagoge. Schon 1867 wurde die neue Synagoge, ein unterkellerter zweistöckiger Fachwerkbau auf Sandsteinfundament, in dem auch die Schule untergebracht war, fertiggestellt. 1896 wurde sie renoviert.

Auf Grund der zunehmenden Ab- und Auswanderung von Gemeindemitgliedern ab 1933 war 1938 abzusehen, dass eine Kehillah zur Abhaltung von Gottesdiensten bald nicht mehr zusammenkommen würde, und im Frühjahr oder Sommer 1938 wurde die Synagoge an einen Nachbarn verkauft. Wegen Schwammbefalls wurde das Gebäude schließlich abgerissen. Der Sockel mit dem Kellerraum war 1949 noch vorhanden. Auf dem Grundstück (Rieschstraße 6) wurde später ein neues Gebäude errichtet.

Erinnerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 17. Juni 1992, anlässlich der 750-Jahr-Feier der Verleihung der Stadtrechte, wurde an der Grundstücksgrenze zwischen der ehemaligen und mittlerweile abgerissenen Synagoge und der evangelischen Kirche ein Gedenkstein für die ermordeten und vertriebenen jüdischen Einwohner errichtet.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kirchenvorstand der ev.-luth. Kirchengemeinde (Hrsg.): Zum Geburtstag – Ein nicht unbeschwertes scriptum zur 750-Jahrfeier unserer kleinen Stadt Frankenau. Frankenau, 1992
  • Heinz Brandt: Die Judengemeinde Frankenau zwischen 1660 und 1940 – Aus dem Leben jüdischer Landmenschen, Frankenberger Hefte Nr. 1, 1992. Hg. vom Zweigverein Frankenberg des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]